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Growing: Die Mutterpflanzen im Fokus

17.11.2017 15:57
von grow! Magazin
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technik

„Ich will mit Ausnahme der Stromrechnung gar nichts missen!“

Obwohl Cannabis-Patienten eigentlich nicht anbauen dürfen, gibt es hierzulande immer mehr Menschen, die selbstgezüchtete Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken nutzen. Die Palette der Betroffenen und deren Indikationen sind weit gefächert, sie reicht vom AIDS-Patienten über Menschen, die an chronischen Darmentzündungen wie Morbus Crohn leiden, bis hin zum Schmerzpatienten.

Und obwohl gerade das neue Gesetz zu Cannabis als Medizin in Kraft getreten ist, wird die Dunkelziffer der Personen, die illegal Hanf zu medizinischen Zwecken anbauen, fast täglich größer. Bo (Name von d. Red. geändert) ist Cannabis-Patient und Grower und arbeitet detailgenau und sehr akribisch. Er hat uns einen Growreport zukommen lassen, der beweist, dass er seine Medizin mit relativ einfachen Mittel erfolg- und ertragreich indoors anbauen kann:

„Liebes grow!-Team,

ich muss seit Jahren unter zwei Lampen Weed anbauen, weil mir als Inhaber einer Ausnahmegenehmigung bisher das notwendige Kleingeld für die Medizinal-Hanfblüten aus der Apotheke fehlt. Ich hoffe, das ändert sich jetzt mit dem neuen Gesetz. Obwohl oder auch weil ich notgedrungen zum Indoor-Anbau gekommen bin, weiß ich nicht, ob ich mich ärgern oder freuen soll. Die Kostenübernahme und das Cannabis aus der Apotheke wären zwar eine Erleichterung, aber ich finde zum einen meine Sorten besser als alles, was ich aus der Apotheke kenne. Zum anderen ist mir das Growen über die Zeit hinweg ans Herz gewachsen und ich will es mit Ausnahme der Stromrechnung eigentlich gar nicht missen. Die Erntemenge reicht immer ziemlich genau, bis zum nächsten Durchgang. Einen Antrag ans BfArM auf Eigenanbau, den viele meiner Mit-Patienten abgeschickt haben, habe ich allerdings noch nicht gestellt.

Bei meiner Zucht handelt es sich um einen Mix aus Jack Herer, Super Silver Haze und Casey Jones x Green Manilishi, die in einem 2 mal 3 Meter großen und zwei Meter hohen Raum auf vier Ebbe-Flut-Tischen in Bioerde stehen. Die anderen Eckdaten meines Grows:

Beleuchtung: 2 x 600 Watt Natriumdampf-Leuchtmittel

Reflektor: 2 x Adjust a Wing ohne Spreader

Dünger: biologischer 2-Komponenten-Dünger Grow & Bloom

Lüfter/Filter: 1200 m³/h Ufo-Lüfter mit 1000 m³/h Profi-Line-Filter

Zusätze: organischer Wurzel- und Blühstimulator des selben Herstellers

EC-Wert im Ausgangswasser: 0,3 mS/cm² (Mischung aus Leitungs- und Osmosewasser)

pH-Wert: 6,0

EC-Wert: aufgrund des organischen Düngers nicht gemessen

Ich probiere gerne mal was aus. Vorgedüngte Erde, eine neue Sorte, Langzeitdünger – sowas bedarf dann eben guter Vorplanung. So habe ich mir auch vor über einem Jahr meine Jack-Herer-Mutterpflanze selektiert: Ich habe genau Buch geführt, welcher der gekauften 20 regulären Samen die Eigenschaften, die ich suchte, aufweist. Wuchsbild, Ertrag, Geschmack, selbst bei nur zehn Samen der selben Sorte ist das oft unterschiedlich. Meine Wahl fiel dann auf einen relativ großen und kristallinen Phänotypen, der erst nach 13 Wochen erntereif ist.

Die Muttis

Ich habe immer wechselnde Sorten und eine ganze Weile gebraucht, um die kleine Mutterkammer so hinzubekommen, wie sie jetzt ist. Ich arbeite mit mehreren Mutterpflanzen, die ich entweder selbst selektiert oder von Freunden als Steckling bekommen habe.

 

Stecklinge schneide ich regelmäßig und immer ein paar mehr, als ich für mich selber brauche. Erstens habe ich dann immer die Option, nur die allerbesten blühen zu lassen, außerdem kommt so auch der eine oder andere Freund in den Genuss meiner Genetik. Meine Mutterkammer ist mein ganzer Stolz, weil ich da von Anfang an penibelst gearbeitet habe. Als Medium nehme ich hier genau wie in der Blütekammer Bioerde, die ich ein wenig mit nützlichen Bakterien und Pilzen aufpeppe. Der pH-Wert ist bei allen meinen Pflanzen 6,0, den EC-Wert messe ich nicht, weil ich Biodünger benutze. Hier verlasse ich mich auf die Angaben des Herstellers im jeweiligen Entwicklungsstadium.

In der Endblüte senke ich den pH-Wert sukzessive auf 5,5 ab. Natürlich nutze ich immer Osmosewasser, da der EC-Wert des hiesigen Leitungswassers fast 1,0 mS ist. Außerdem ist es mit 17 Grad dH (Härtegrad) viel zu kalkhaltig für Hanfpflanzen. Aber zurück zu den Müttern.

Ich hatte mir also F8-Jack-Herer-Samen besorgt und diese relativ einfache Mutterkammer mit einer 250 Watt starken Metall-Halogenlampe für die Mütter sowie ein paar einfachen CFL-Röhren für die Gewächshäuser vorbereitet. Dann habe ich das Kapitel „Selektion einer Mutterpflanze‟ aus meinem schlauen Buch eins zu eins umgesetzt. Das hat dann fast ein halbes Jahr gedauert, bis ich „meine‟ zwei Muttis selektiert hatte, aber seitdem ich diese Grundlage habe, werden meine Ernten immer besser. Die Super Silver Haze stammt von einem Steckling eines befreundeten Growers.

Zum Schneiden der Stecklinge nutze ich Steinwollwürfel. Früher habe ich Bewurzelungspuder genommen, aber seit es das nicht mehr gibt, reichen auch ein paar Tropfen Huminsäure im Gießwasser. Ich achte immer darauf, nicht zu viele Stecklinge pro Häuschen zu stellen. Es passen zwar mehr rein, aber bei mir entwickeln sich die Babys zu ungleichmäßig, wenn ich sie sehr eng stelle. Die Mutterpflanzen stehen bei mir in 11-Liter-Töpfen und werden etwa alle zwei Wochen beschnitten. Nach ungefähr einem halben Jahr mustere ich sie aus und bereite mir dafür aus einem bereits verzweigten, gut entwickelten Steckling eine neue Mutter vor. Oder ich bestelle neue Samen und fange an, eine neue Mutter zu selektieren.

 

Stecklinge schneide ich regelmäßig und immer ein paar mehr, als ich für mich selber brauche. Erstens habe ich dann immer die Option, nur die allerbesten blühen zu lassen, außerdem kommt so auch der eine oder andere Freund in den Genuss meiner Genetik. Meine Mutterkammer ist mein ganzer Stolz, weil ich da von Anfang an penibelst gearbeitet habe. Als Medium nehme ich hier genau wie in der Blütekammer Bioerde, die ich ein wenig mit nützlichen Bakterien und Pilzen aufpeppe. Der pH-Wert ist bei allen meinen Pflanzen 6,0, den EC-Wert messe ich nicht, weil ich Biodünger benutze. Hier verlasse ich mich auf die Angaben des Herstellers im jeweiligen Entwicklungsstadium.

In der Endblüte senke ich den pH-Wert sukzessive auf 5,5 ab. Natürlich nutze ich immer Osmosewasser, da der EC-Wert des hiesigen Leitungswassers fast 1,0 mS ist. Außerdem ist es mit 17 Grad dH (Härtegrad) viel zu kalkhaltig für Hanfpflanzen. Aber zurück zu den Müttern.

Ich hatte mir also F8-Jack-Herer-Samen besorgt und diese relativ einfache Mutterkammer mit einer 250 Watt starken Metall-Halogenlampe für die Mütter sowie ein paar einfachen CFL-Röhren für die Gewächshäuser vorbereitet. Dann habe ich das Kapitel „Selektion einer Mutterpflanze‟ aus meinem schlauen Buch eins zu eins umgesetzt. Das hat dann fast ein halbes Jahr gedauert, bis ich „meine‟ zwei Muttis selektiert hatte, aber seitdem ich diese Grundlage habe, werden meine Ernten immer besser. Die Super Silver Haze stammt von einem Steckling eines befreundeten Growers.

 

Das einzige wirklich ernstzunehmende Problem, das ich seit dem jetzt einjährigen Bestehen der vegetativen Kammer hatte, waren Schädlinge, genauer gesagt Thripse. Zuerst wollte ich panisch die Chemo-Keule auspacken, doch zum Glück hat mich ein Kollege dann eines Besseren belehrt:

Keine Chemie

Schädlinge sind, früh genug erkannt, in einem gesundem Mikroklima für die Pflanze kein Problem.
Im Frühstadium gibt es für jeden Schädling den entsprechenden Nützling.

Leider erkennen unerfahrene Heimgärtner die Plage meist erst dann, wenn es zu spät ist. Zu spät heißt, dass man die Population von Thripsen, Spinnmilben oder sonstigem Getier schon mit bloßem Auge erkennen kann. Dann helfen meist nur noch systemische Mittel, im Volksmund „chemische Keule“ genannt.

Die Folgen sind ausgemergelte, zum Teil abgestorbene Pflanzen oder alternativ ein mit Insektiziden belastetes Endprodukt. Außerdem bilden sich durch die regelmäßige Anwendung von Insektiziden Resistenzen. Bei den Spinnmilben-Mitteln hat der intensive Einsatz in niederländischen Gewächshäusern bereits dazu geführt, dass der Wirkstoff jährlich gewechselt werden muss. Früherkennung von Schädlingen kann man üben, auch eine prophylaktische Gabe von Nützlingen schadet gerade in den warmen Sommermonaten nicht. Meine Sauberkeit und Ordnung im Raum erledigen dann den Rest. Man sollte nicht meinen, wie viele Heimgärtner Pflanzen- oder Erdreste gleich säckeweise bunkern, um die einmal erworbenen Schädlinge auf gar keinen Fall los zu werden und ungebetenen Besuchern gleich noch mehr Grund für Stress zu liefern. Alle, die im Netz über Jahre hinweg immer wieder Roxion gegen Thripse oder Breitband-Akarizide gegen Spinnmilben bestellt haben, sind einfach zu faul, das Problem von Grund auf zu beheben: Ist der Befall wirklich so schlimm, dass die „Chemo-Keule“ unumgänglich war, muss nach dem Durchgang der Raum grundgereinigt werden, das Medium und alle Pflanzenreste müssen entsorgt sein, bevor die nächste Generation die Box betritt. Dasselbe gilt, auch wenn es weh tut, für stark befallene Mutterpflanzen.

Aber so weit war es bei mir zum Glück noch nicht gewesen, und so bin ich mit der Behandlung mit einer Kombination aus Florfliegen-Larven (Chrysoperla carnea) und Raubmilben (Amblyseius californicus) sehr erfolgreich gewesen. Zudem sprühe ich prophylaktisch einmal im Monat Neem-Öl und bestelle mir mindestens viermal im Jahr die schon erwähnten Nützlinge, auch wenn ich keine Schädlinge entdecken kann.

Die Blüte

Das teure Equipment entfaltet erst sein volles Potential, seitdem ich weiß, was ich tue. Ich hatte es ja nun von Anfang an und muss sagen, dass es mich nicht vor der erstem Missernte bewahrt hat.

Aber jetzt macht es richtig Spaß, durch genaue und penible Arbeit immer gleich gute Ernten einzufahren. Weil ich glaube, dass meine Mutterkammer und die Selektion die eigentliche Grundlage guter Ernten ist, widme ich der Blütekammer eigentlich viel weniger Arbeit und Aufmerksamkeit und deshalb auch nur eine kurzen Absatz:

Ich verfahre immer gleich: Nach ein bis zwei Wochen in der vegetativen Kammer sind die Stecklinge ausreichend gut bewurzelt. Dann topfe ich sie in 8-Liter-Töpfe und stelle sie noch einen Tag in die vegetative Kammer, damit sie sich vom Umtopfen erholen.

Am nächsten Tag kommen sie bereits in die Blüte. In den ersten drei Blütewochen behalte ich die Düngermischung für die vegetative Phase bei, weil die Ladys so schnell wachsen. Allerdings gebe ich schon Blühstimulator hinzu. Zweimal pro Woche entferne ich die unteren Triebe, was in der Fachsprache ausgeizen heißt. So bekommen alle verbleibenden Triebe ausreichend Licht und können sich zu großen, kompakten Buds entwickeln. Sobald die Mädels langsamer wachsen, ändere ich die Düngermischung auf Blüte und senke den Reflektor so weit herab, wie es die Pflanzen vertragen.

 

Die entscheidenden Phasen durchläuft die Pflanze auch in den ersten vier Blütewochen. Sieht dann alles so aus wie jetzt, kann ich von einer Ernte von einem Gramm pro Watt und manchmal mehr ausgehen.

Ab der sechsten oder siebten Woche kann ich sowieso kaum noch in die Entwicklung eingreifen. Was jetzt nicht optimal entwickelt ist, lohnt sich kaum noch. Beim letzten Durchgang habe ich eigentlich nur eine Nachzüglerin, die sich nicht gut entwickelt hat.

Die Super Silver Haze kann ich dann nach ziemlich genau 90 Tagen ernten, wobei ich bei der Ernte Wert auf Handarbeit lege. Deshalb sitze ich bei jeder Ernte eigentlich ziemlich lange und bekomme fast eine Sehnenscheidenentzündung, bis meine Trockenbox voll ist. Aber ich will mich ja nicht beschweren. Die Jack Herer und die Casey Jones x Green Manalishi haben beim letzten Mal eine Woche länger gebraucht. Bei dem Strain habe ich mich für den Sativa-lastigen Phänotypen entschieden. Beim Selektieren hatte ich anfangs noch einen anderen Indica-lastigen Phänotypen behalten, der schon nach elf Wochen fertig war. Aber der Sativa-lastige ist ertragreicher und aromatischer, da ist mir die Blütezeit von fast 14 Wochen egal.

 

Nach der Ernte

Die meisten kleinen Heim(lich)-Gärtner trocknen ihre Ernte, anders als Profis, indem sie im Zelt oder dem Growschrank einfach das Licht ausmachen und die Lüftung weiterlaufen lassen. Dagegen ist prinzipiell auch nichts einzuwenden, es sei denn, man führt sich vor Augen, wie es auch sein könnte: Ein Rohreinschublüfter mit Aktivkohlefilter und einer Leistung von 180 m³/h und eine Homebox XS ab 99 Euro (zur Not tut‘s auch ein faltbarer Kleiderschrank aus dem Baumarkt für 19,90 Euro), dazu ein halber Meter Schallschutzschlauch und ein Trockennetz eröffnen neue Dimensionen. Eine kleine Trockenbox kostet so weniger als 200 Euro und ermöglicht eine ganze Ernte mehr pro Jahr. Denn: Wer seine Growbox alle acht bis zehn Wochen weitere 14 Tage zum Trocknen nutzt, verbringt im Schnitt ganze acht Wochen im Jahr mit der Trocknung. In dieser Zeit könnte eine ganze Generation heranreifen. Einfach aufbauen, Trockennetz einhängen und Stecker rein. Wer es besonders leise haben will, kann den Lüfter sogar noch um bis zu 50 Prozent dimmen, die Lüfterleistung reicht so immer noch zum Trocknen. Kostet 100 bis 250 Euro und bringt eine Ernte pro Jahr.‟

 

Dieser Artikel stammt aus der grow Ausgabe 2-2017. Wir veröffentlichen hier aus jeder neuen Ausgabe unseres Print-Magazins vier vollständige Artikel - erst als Leseproben, acht Wochen später als vollständige Texte, gratis für alle. Falls du diese Ausgabe nachbestellen möchtest, schau doch mal in unseren Shop. Alternativ findest du die Ausgabe auch als ePaper zum bequemen Lesen auf deinem Smartphone, PC oder Tablet. 

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