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grow! Travel: Ein Hanffreund tingelt durch Europa

05.05.2025 11:07
von grow! Magazin
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Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen – vor allem, wenn er sich für gutes Gras begeistert. Immerhin gibt es nicht nur in Deutschland jede Menge Freundinnen und Freunde des gepflegten Hanfgenusses. Dass es dabei auf der Welt allerdings gewaltige Unterschiede gibt, dürfte allgemein bekannt sein. Nun, wo Konsumierende in Deutschland endlich Cannabis besitzen und verwenden dürfen, erscheint dieser Kontrast umso deutlicher. In über einem halben Jahr des Reisens quer durch Europa konnte ich einige der derzeitigen Unterschiede selbst erleben.

Natürlich Niederlande

Ein Jahr Auszeit! Ein Jahr ohne Verantwortung, ohne Verpflichtungen, ohne Termine. Was lange im Vorfeld geplant worden war, wurde im April 2024 endlich Wirklichkeit: In Absprache mit meinem Arbeitgeber und dank striktem Sparplan hatte ich mir die Möglichkeit geschaffen, ein Jahr lang ungebunden und frei durch die Weltgeschichte reisen zu können. Am Ende sollte es aus verschiedenen Gründen zwar kein ganzes Jahr werden, dennoch konnte ich sehr viele intensive Eindrücke mitnehmen. Doch eins nach dem anderen. Einen groben Plan, welche Orte bzw. Länder ich in dieser Zeit gerne besuchen würde, gab es zwar – Schweden stand ganz oben auf der Liste –, doch stand immer noch die Frage im Raum, wo man eine solche Reise am besten beginnen könnte.

Für einen enthusiastischen Dauerkonsumenten wie mich war es frustrierend, genau dann auf Reisen zu gehen, wenn die ewige Kriminalisierung in Deutschland endlich ein Ende gefunden hatte: Seit April 2024 war das Cannabisgesetz endlich in Kraft – und ich plante, das Land zu verlassen? Das ist doch ein schlechter Scherz, dachte ich. Dabei war die Lösung naheliegend und dementsprechend schnell eine Entscheidung getroffen: Ein entspannter, sanfter Start in die Reisezeit sollte es werden – in den Niederlanden. Um dann doch noch ein wenig die neue Freiheit in Deutschland genießen zu können, sollte die große Reise auch erst Anfang Mai starten – und die Zeit bis dahin verging wie im Flug.

Und so ging es schließlich mit gepacktem Rucksack und in Begleitung geliebter Menschen in unser schönes Nachbarland. Statt wie schon so oft die Zeit am Strand oder in Amsterdam zu verbringen, entschieden wir uns für zwei Wochen in einem kleinen Ferienhäuschen am Rand der Veluwe, dem größten zusammenhängenden Waldgebiet der Niederlande. Den ersten Coffeeshop steuerten wir bereits auf dem Hinweg an und deckten uns dort auf die Schnelle mit einem kleinen Vorrat ein: Es gab Amnesia Haze für zwölf Euro das Gramm, Blueberry und ähnliches für 16. Das war zwar nicht gerade günstig, aber verzichten wollten wir schließlich auch nicht.

Natürlich hatten wir bereits vor der Ankunft in dem gemütlichen Häuschen die Lage sondiert: Der nächstgelegene Coffeeshop war etwas über eine Stunde mit dem Fahrrad entfernt und lag am Rande von Amersfoort. So modern und sauber der Coffeeshop „Take A Break“ auch sein mochte, die Preise hatten es in sich. Zwar gab es eine gute Auswahl von fruchtigen Sorten über Klassiker bis hin zu hochpotenten Züchtungen und sogar einige Sorten Hasch (z.B. Beldiya Hasch aus Marokko) – doch lagen die Preise auch hier über jenen, welche ich von der heimischen Versorgung über den Händler meines Vertrauens gewohnt war. Immerhin gab es einzelne Angebote wie White Widow für neun Euro das Gramm, auf der Karte fanden sich aber auch zwei Sorten Kush, für welche das Doppelte verlangt wurde. Die üblichen Verdächtigen wie Super Skunk & Co. lagen mit 13 Euro im Mittelfeld des hiesigen Angebots.

Auch der Besuch in zwei weiteren Shops in der Gegend verlief ähnlich. So schön es ist, einfach in ein gemütliches Geschäft zu gehen und legal einkaufen zu können, so frustrierend ist es doch, so viel mehr für ein Gramm zu zahlen, als man gewohnt ist. Hinzu kam, dass sich sämtliche Shops, welche wir in unserer Zeit in den Niederlanden besuchten, strikt an die Begrenzung von maximal fünf Gramm pro Person und Tag hielten. Dementsprechend häufig waren wir in den zwei Wochen mit dem Fahrrad unterwegs, um unsere kleine Urlaubsgruppe zu versorgen. Am Ende ärgerten wir uns nicht weiter über Preise und Mengenbeschränkungen, sondern genossen lieber die unkomplizierten legalen Bezugsmöglichkeiten und die schöne Natur.

Es war herrlich – doch als diese erste Etappe zu Ende ging, kam das Gefühl auf, dass doch etwas fehlte. Schnell war der Entschluss gefasst: Auf dem Weg nach Schweden musste doch ein kurzer Zwischenstopp in Amsterdam gemacht werden. Diese Stadt ist einfach zu toll, um eine Gelegenheit für einen Besuch auszulassen. Gesagt, getan: Immerhin ein paar Stunden Aufenthalt waren auf jeden Fall machbar. Und ehe ich mich versah, stand ich an einem schönen Vormittag im Mai endlich wieder in dieser einzigartigen Stadt. Erfreulicherweise öffnen die ersten Coffeeshops hier recht früh, und ein paar gute Adressen sind nicht weit vom Hauptbahnhof entfernt. Gut gelaunt sprang ich schnell in das „420 Café“ und kaufte ein paar fertige Joints.

Der kurze Ärger über den stolzen Preis von 7 Euro für einen einzelnen Joint war schnell verraucht. Selig grinsend saß ich in der Nähe an einem Pier, an dem später am Tag die Touristenboote an- und ablegen würden und ließ alles an mir vorbeiziehen. Die Tiefenentspannung war derart nachhaltig, dass ich beinahe die Zeit vergaß und mich schließlich ein wenig beeilen musste, um den zuvor gebuchten Zug nach Kopenhagen rechtzeitig zu erwischen.

Ab in den Norden

Am Ende war die Reise Richtung Norden aufgrund einiger Schwierigkeiten mit der Zugverbindung doch ein wenig komplizierter als geplant, sodass ich schließlich erst irgendwann in den frühen Morgenstunden in Kopenhagen ankam. Die dänische Hauptstadt sollte ein kleiner Zwischenstopp auf dem Weg nach Schweden sein. In dem Wissen, dass man in Skandinavien nicht unbedingt ein großer Freund von Cannabis ist, hatte ich mich bereits darauf eingestellt, dass in dieser Hinsicht nun erst einmal eine Weile nichts stattfinden würde: In Dänemark gilt z.B. seit 2016 ein Verbot, welches je nach Schwere des Verstoßes eine Geld- oder sogar eine bis zu zweijährige Haftstrafe vorsieht.

Um aber nicht gleich völlig aufgeschmissen zu sein, hatte ich mich in der Heimat mit einer besonderen kleinen Leckerei eingedeckt: Beim Hanfhändler meines Vertrauens erwarb ich einige Tafeln THC-haltiger Schokolade. Diese war nicht nur effektiv, sondern auch besonders unauffällig: Der Produzent dieser kulinarischen Besonderheit hatte sich die Mühe gemacht, die Schokolade mithilfe einer Form wieder so zu gießen, dass sie aussah wie zuvor. So brauchte ich mir keine großen Sorgen über Kontrollen zu machen. Hätte jemand in meinen großen Rucksack schauen wollen, wäre ihm an den originalverpackten Tafeln billiger Schokolade mit Sicherheit nichts Ungewöhnliches aufgefallen.

So war es dann auch nicht schlimm, dass mein Aufenthalt in Kopenhagen sich anders gestaltete als geplant. Leider gab es ein Problem mit der ersten gebuchten Unterkunft, sodass dort kein Einchecken möglich war. Also durfte ich spontan eine Nacht in einem der zahlreichen Hotels verbringen. Eigentlich stand – wie für die meisten Reisenden und Touristen – ein Besuch im legendären „Hippie“-Viertel der Stadt auf meinem Programm. Wenn man irgendwo in Dänemark einfach an Cannabis kommen kann, dann im berühmt-berüchtigten Stadtteil Christiania. Die bekannte Pusher Street ist sogar explizit für dieses Angebot bekannt – bzw. war sie es. Immer wieder hatten die Behörden versucht, den hier florierenden Drogenhandel einzudämmen oder gar zu beenden. Wiederholt war es zu Ausschreitungen gekommen und kriminelle Banden hatten aus einem Ort mit Hippieflair ein gefährliches Pflaster werden lassen. Zuletzt war die Regierung schließlich im April 2024 gegen die Dealer von Christiania vorgegangen: Im Einverständnis mit einer Entscheidung der Bewohner war die Pusher Street also keinen Monat vor meiner Ankunft in Kopenhagen abgerissen worden.

Am Ende beließ ich es dabei, mir einen kleinen Eindruck der Stadt zu verschaffen und schokoladig entspannt umherzuwandeln. Die Unterschiede zu deutschen Großstädten waren unverkennbar. Am Kanal sitzend sah ich erstaunlich viele Menschen, welche Sport im Freien betrieben – bis ich bemerkte, dass es in der Nähe meines Sitzplatzes Joggingstrecken, Stationen für verschiedene Sportübungen und mehrere Stellen gab, an denen man ins Wasser springen und eine Runde schwimmen konnte. Diese Angebote werden offensichtlich gerne und viel genutzt. In den eher von jungen Leuten und Studenten besuchten Vierteln nutzen viele Menschen die freien Grünflächen, um in der Sonne zu liegen, zu quatschen oder zu lernen. Auffällig war, wie viele Menschen hier völlig selbstverständlich Alkohol tranken: Der Anblick junger und älterer Leute mit Bier oder Mischgetränken in kleinen Dosen in der Hand schien Normalität zu sein – süßlicher Hanfgeruch ließ sich dagegen nirgendwo ausmachen. Ich hatte aber auch kein Bedürfnis, mich aktiv danach umzusehen. Die Schokolade reichte mir völlig aus.

Die nächste Unterkunft sollte in Schweden sein, genauer gesagt im schönen Småland. Da ich nun ein wenig früher Richtung Norden unterwegs war, als geplant, nutzte ich die Gelegenheit, um noch ein paar Tage in Halmstadt am Meer zu verbringen. Die Stadt hat zwar im Vergleich nicht sonderlich viel zu bieten, dafür aber einen schönen, langgezogenen Strand. Da ich außerhalb der üblichen Touristensaison hier aufschlug, fand ich nicht nur eine günstige Unterkunft am Stadtrand, der Strand war außerdem noch beinahe menschenleer. Unterstützt von der Hanfschoki genoss ich hier die Sonne und das Wasser in vollen Zügen.

Die Unterkunft in Småland, welche ich dann für zwei Monate beziehen sollte, lag etwas über eine Stunde mit dem Bus von Halmstadt entfernt in purer südschwedischer Idylle und sorgte schon bei Ankunft für Freude: Es war das absolute Klischee eines gemütlichen kleinen, roten Holzhäuschens. Die gesamte Gegend sah aus, als kämen gleich die Kinder aus Astrid Lindgrens Büchern um die Ecke gerannt. Es war eine großartige Zeit: Hier konnte ich die Wälder auf der Suche nach Elchen erkunden, auf dem nahegelegenen großen See ausgedehnte Touren mit einem Ruderboot unternehmen und die langen Abende schokoladig entspannt genießen.

Schwedische Nüchternheit

Da ich jeden Tag ein wenig meines THC-haltigen Proviants naschte, waren die ersten beiden Wochen besonders ruhig und angenehm. Erst als der Vorrat sich dem Ende zuneigte, stellte sich der Gedanke ein, dass es nach so langer Zeit des Dauerkonsums eine Herausforderung sein könnte, gänzlich zu verzichten. Hier an weitere Rauchware zu kommen war jedenfalls unmöglich: Es hatte mich in eine Gegend verschlagen, in der man eine Weile laufen muss, um überhaupt einen Nachbarn zu treffen. Der nächste Ort war eine halbe Stunde mit dem Fahrrad entfernt und hatte außer zwei Supermärkten, einem Second-Hand- und einem staatlich lizenzierten Alkohol-Laden nicht viel zu bieten. Die Eindrücke aus den Niederlanden noch vor Augen, erschien es mir kurz besonders absurd, dass hier das Prinzip der Coffeeshops auf Alkohol angewendet, Hanfbesitz dagegen bestraft wird – und zwar nicht zu knapp.

Am Ende war es erfreulich einfach, auf den gewohnten Rausch zu verzichten. Ich hatte zwar keine ernsthaften Sorgen gehabt, doch ein paar kleine Bedenken waren schon aufgekommen: Immerhin hätte es mir nach zwanzig Jahren nahezu durchgehend täglichen Konsums durchaus auch ein paar Schwierigkeiten bereiten können. Ruhe und Frieden dieser unglaublichen Weite sowie die atemberaubend schöne Natur machten Stress und schlechte Laune aber beinahe unmöglich. Als schließlich der Sonnenuntergang zur Mittsommernacht den gesamten Himmel leuchtend neonpink färbte, war ich endgültig angekommen. Die halb freiwillige Toleranzpause tat mir gut. Trotzdem freute ich mich am Ende meiner Zeit hier bereits wieder darauf, auf meinem weiteren Weg auch wieder kurz durch Deutschland zu reisen. Der Besuch beim Hanfhändler meines Vertrauens war natürlich fest eingeplant.

Es war ein langer Tag voller Zugfahrten, bis ich wieder in Deutschland war. Natürlich dauerte es nicht lange, bis ich wieder voll mit Rauchware versorgt war. Es ist schon ein sehr angenehmes Gefühl, wenn man weiß, dass man für den Vorrat an erstklassigem Rauchzeug im Rucksack nicht bestraft werden kann. Den Vorsatz, es nach der schwedischen Pause erst einmal langsam angehen zu lassen, hielt ich ungefähr einen oder zwei Tage lang durch, bevor ich beinahe wieder mein altes Pensum erreicht hatte.

Auf nach Budapest!

Als nächstes ging es weiter Richtung Ungarn. Nach einer langen Zugfahrt kam ich in einer Stadt an, die mich sofort für sich gewann. Budapest ist voller Kunst und Kultur, voller Gegensätze. Überall finden sich prächtig gestaltete, allerdings meist nicht gut instandgehaltene Häuserfassaden, zwischen welchen immer wieder halb verfallene oder hochmoderne Gebäude einen befremdlichen Kontrast bilden. Offensichtlich ist die Stadt voller Touristen, doch trotz des vielen Geldes, welches diese mitbringen, herrscht zugleich unverkennbare Armut. Man muss nicht lange gehen, um von der schicken Donaupromenade oder der teuren Einkaufs- und Flaniermeile in Viertel zu kommen, in welchen man an jeder Straßenecke Wohnungslose sitzen und liegen sieht und die Fassaden nicht mehr charmant verfallen, sondern schlicht marode sind.

Eine der Attraktionen der Stadt sind eine Ausprägung der lokalen Kneipen- und Clubkultur: Die Ruinenpubs. In heruntergekommenen Gebäuden, die meist mit Graffiti, Stickern, Kunstobjekten und Dekoration regelrecht überladen sind, finden sich individuell gestaltete Bars. Hier läuft zu später Stunde unter bunter Beleuchtung laute Musik und an diversen Theken wird reihenweise Alkohol ausgeschenkt. Natürlich haben längst auch die Touristenmassen diese Orte auf ihren Must-See-Listen stehen, weshalb die Ruinenpubs an vielen Tagen brechend voll sind.

Interessant wird es für Hanffreunde gleich außerhalb dieser Party-Orte: Vor den Türen derartiger Locations stehen nicht selten Männer, welche die Touristen leise, aber deutlich ansprechen. „Marijuana? Coke?“ Wer sich einen Augenblick hier aufhält und aufmerksam ist, kann den üblichen Ablauf beobachten: Ein kurzes Gespräch, ein paar Schritte, ein Handschlag in einem Türeingang oder einer anderen dunklen Ecke – und schon geht man wieder seiner Wege. Wie mir eine lokale Bekanntschaft schließlich erklärt, verkaufen hier meistens die „Gipsys“, wie er die hiesigen Roma und Sinti pauschal nennt, Gras und Kokain zu horrenden Preisen an Touristen. Dies bleibt allerdings oft nicht unbeobachtet, lasse ich mir erklären. Wer hier kauft, läuft offenbar Gefahr, an der nächsten Straßenecke zu weiteren Käufen gedrängt oder gar von der Polizei kontrolliert zu werden.

Gerade Letzteres möchte man nämlich nicht erleben: Cannabis ist in Ungarn definitiv verboten. Soll heißen: Schon bei einer geringen Menge, derzeit festgelegt auf sechs Gramm THC, können bis zu zwei Jahre Haft verhängt werden. Das ungarische Recht macht keinen Unterschied zwischen Suchtstoffen; bei sämtlichen illegalen Drogen gilt dasselbe Strafmaß. Da wundert es nicht, dass man trotz des offensichtlich vorhandenen Angebots so gut wie niemals jemanden konsumieren sieht – oder dies riecht. Andererseits werden die harten Strafen insbesondere bei Erstvergehen mit geringen Mengen Eigenbedarfs auch gerne mal ausgesetzt und es bleibt bei einer Verwarnung oder einer Bewährungsstrafe.

Wer hier also trotzdem nicht verzichten möchte, hört sich am besten in den linken und künstlerisch geprägten Vierteln um. Natürlich existiert auch in Budapest ein Schwarzmarkt – man muss nur jemanden finden, der jemanden kennt. Dann kann es in der Regel ganz schnell gehen: Ein Kontakt via Mail oder Kurznachricht, ein kurzes Treffen ... Doch das Risiko, welches man hier damit eingeht, sollte man nie vergessen.

Die Zeit in Budapest verging wie im Flug – wer offenen Auges durch diese vielseitige Stadt geht, kann jede Menge erleben und wird randvoll mit sehr unterschiedlichen Eindrücken wieder abreisen. So ging es mir jedenfalls. Doch irgendwann war es Zeit aufzubrechen. Die nächste Station auf der Reise war ein Besuch bei Freunden, die Deutschland vor über zwei Jahren verlassen hatten. Es hatte sie nach Montenegro verschlagen. Zum Zeitpunkt meines geplanten Besuchs waren sie allerdings für eine Weile in Serbien – was mir die Gelegenheit gab, einem weiteren Land einen kurzen Besuch abzustatten.

Balkan Blues

Der Kontrast zwischen Budapest und Belgrad hätte stärker kaum sein können. Bereits die Fahrt durch Novi Sad hinterließ einen Eindruck, welcher sich in der serbischen Hauptstadt nur verstärken sollte. Eine nicht greifbare Schwere scheint auf allem zu liegen und offensichtlich leben große Teile der Bevölkerung in bescheidenen bis armen Verhältnissen. Das unwirkliche Nebeneinander zwischen alten, baufälligen Wohnhäusern und einzelnen modernen Hotels und Banken wirkt bedrückend. Nach einem orientierungslosen Augenblick an einem der großen Busbahnhöfe der Stadt findet mich mein Auswandererfreund, und ich kann gleich beobachten, wie das mit der Hanfversorgung hier läuft: „Pack deinen Rucksack in den Kofferraum, ich komme gleich“, sagt er, geht ein paar Schritte und steigt in ein Auto. Keine zwei Minuten später steigt er wieder aus und kommt zurück. Nach einer anständigen Begrüßung fahren wir los. Grinsend hält er mir das Ergebnis seines konspirativen Treffens vor die Nase: Zwei verschweißte Plastikbeutel mit Rauchware. Willkommen in Serbien!

So sehr ich mich darüber freue, dass mein Freund lokale Bekanntschaften hat, welche ihm Kontakte wie den in Belgrad vermitteln können, so mittelmäßig ist das Gras: Für die spontan investierten 100 Euro waren es am Ende ungefähr zehn Gramm bessere Hecke mit gar nicht mal so wenig Verschnitt. Trotzdem war ich dankbar für die Gelegenheit, zwischendurch einen Joint rauchen zu können. Schon auf der zweieinhalbstündigen Fahrt an den derzeitigen Wohnort meines Freundes und seiner Familie hat sich der erste Eindruck, den ich von diesem Land habe, nur verstärkt. Ich sehe viel Müll in der Landschaft, viele Straßenhunde. Der Anblick toter Hunde an Straßenrändern ist offenbar alltäglich hier. Und immer wieder sehe ich, dass außerhalb der großen Städte die meisten Menschen in sehr einfachen Verhältnissen zu leben scheinen. Dieses ganze Land scheint den Blues zu haben.

Was den Einkauf angeht, den ich am Rande beobachten konnte, lasse ich mir erklären, wie das mit dem Gras hierzulande läuft: Kleine Konsumenten wie wir wenden sich an Kontakte, mit denen man sich nach kurzem Nachrichtenaustausch via Messenger-App irgendwo kurz trifft. Die wiederum beziehen ihre Ware, so wird mir erzählt, direkt von der Polizei. Das gelte jedenfalls für Gras. Wer Kokain braucht, müsse sich an den Zoll wenden. Entweder wurde ich hier gerade auf den Arm genommen oder die Behörden haben hierzulande tatsächlich einen gewaltigen Anteil am Handel mit eigentlich verbotenen Substanzen.

Irgendwann kommen wir in einem kleinen Ort voller baufälliger und oftmals offensichtlich verlassener Gebäude an. Hier, im serbischen Nichts, etwa eine Autostunde nördlich der Grenze zum Kosovo gelegen, ändern auch die ersten Erkundungen leider nichts an dem Gefühl, welches sich immer wieder einstellt: Vieles erscheint im Vergleich zu den meisten anderen Orten, die ich auf dieser Reise bereits sehen durfte, ein wenig härter, ein wenig kaputter, ein wenig depressiver. Dank bester Gesellschaft und dem ein oder anderen Joint vergeht die stets leicht eigenartige Zeit in Serbien am Ende sehr schnell. Und die nächste Station sollte es wirklich in sich haben!

„Polako, Polako!“

Montenegro! Dieses Land begeistert mich vom ersten Tag an. Schon auf der Fahrt hierher verzaubern mich diese schroffen, vielseitigen, von Vegetationslinien gezeichneten Berge. Als wir schließlich die Küste erreichen, glaube ich beinahe, wir hätten uns verfahren und seien in Kroatien gelandet. Wunderschöne, felsige Buchten erstrecken sich entlang der Küste. Kurz dahinter erheben sich die grauen, schwarzen Berge und auf unserer Fahrt wechseln sich Postkartenmotive ab, dass es eine Freude ist. Bei angenehmen 24 Grad im Schatten lasse ich mir den Fahrtwind ins Gesicht wehen und komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.

Auch bei der Ankunft auf dem Grundstück meines Freundes, nicht allzu weit von der Grenze nach Albanien entfernt, begeistert mich die Natur, welche nur auf den ersten Blick karg erscheint. Überall finden sich reife Granatäpfel, in der Gegend wachsen Kiwis und Khaki, Mandarinen und Orangen. Entlang der Wege in die Berge wachsen zwischen knorrigen Bäumen Salbei und Alpenveilchen. Uralte aus den Steinen der Gegend gesetzte Mauern teilen malerische Grundstücke voneinander ab. An einem Weg in der Nähe werde ich stutzig, als ich bereits zum zweiten Mal meine, dass mir der Geruch blühender Hanfpflanzen in die Nase steigt.

Nach kurzer lauter Überlegung, ob man nicht auf die Suche nach dem Ursprung des Geruchs gehen könnte, werde ich an das erinnert, was man hier des nachts schon mal aus der Ferne hört. Die automatischen Gewehre, die hier offenbar bei jeder Feier im Überschwang abgefeuert werden, haben mit Sicherheit in vielen Fällen auch noch eine andere Verwendung. Man gibt mir zu bedenken, dass die albanische Grenze nicht allzu weit entfernt ist und hier auch schon mal im größeren Maßstab produziert wird. Es empfiehlt sich, derartige Unternehmungen nicht ungefragt zu besuchen. Anders gesagt: Wer hier nicht selber anbaut, braucht Kontakte – sonst geht nichts.

Erfreulich für mich, dass meine Freunde schon eine ganze Weile hier in der Gegend leben und längst wissen, an wen sie sich wenden können. Es läuft am Ende so ab, wie fast überall auf der Welt: Ein paar Nachrichten werden geschrieben, dann macht man sich auf zu einem kurzen Treffen. Ohne ein gewisses Vertrauen geht hier nichts: Vorkasse ist angesagt. Nach einer gar nicht mal so kurzen Wartezeit kommt der Bekannte mit der Rauchware zurück. Am Ende bekommen wir einen Kurs von ungefähr sieben Euro das Gramm. Mehr Rabatt gibt es erst bei größeren Mengen. Die Qualität ist ohne Frage besser als das, was wir in Serbien bekommen haben. Wer hochgezüchteten Indoor-Wahnsinn gewohnt ist, muss seine Erwartungen hier herunterschrauben. Am Ende sind wir zufrieden: Was wir bekommen, ist stabiles, nicht allzu starkes Outdoorgras, das man den ganzen Tag rauchen kann.

Das Klima ist unglaublich angenehm – obwohl inzwischen schon fast Mitte Oktober ist, laufen alle in sommerlichen Klamotten herum und müssen darauf aufpassen, nicht zu lange in der Sonne zu bleiben. Erst gegen Abend kriecht eine nasse Kälte über die Berghänge, doch abendliche Lagerfeuer verlängern die wunderschönen Tage bis tief in die Nacht. Bei einer zweiten Sammelbestellung fällt der Kurs noch ein wenig besser aus und wir genießen zeitlose Tage und Wochen in dieser wundervollen Umgebung.

Die lokale Mentalität färbt schnell ab: Das allgegenwärtige Motto lautet: „Polako, Polako“, kroatisch für „langsam, langsam“. Die meisten Menschen hier sprechen eigentlich Serbisch, aber dieses Wörtchen hört man ständig. Natürlich sind nicht alle so. Trotzdem: Nach einer Weile wundert es einen nicht mehr, dass es in Montenegro die „Olympischen Spiele der Faulenzer“ gibt.

Dieses Land ist nichts für hektische oder überpünktliche Menschen. Dafür kann man sich hier über herzliche Begegnungen freuen. Die meisten Leute sind sehr gastfreundlich: Ein Nachbar, der jeden zweiten Tag seine Kuh die Straße hinunter- oder hinaufführt, schenkt uns eine prall gefüllte Plastiktüte. Darin ist ungefähr ein halbes Kilo Tabak, angebaut hier in der Gegend. Nicht sonderlich stark, aber auch nicht schlechter. Er eignet sich hervorragend zum Drehen. An diesem Geschenk hatten wir wochenlang Freude.

Die stressfreie Zeit vergeht wie im Flug: Bei Ausflügen in die Berge, ans Meer und die ein oder andere Altstadt bekommen wir wundervolle Ausblicke und entspannte Momente geboten und ich beginne zu verstehen, warum man hier auf so viele Auswanderer trifft. Zwar ist der Tourismus unverkennbar im Aufschwung, doch findet sich noch viel günstiges Land. Gelegenheiten, welche in der Gegend, in die es mich verschlagen hat, nicht selten von Menschen aus Deutschland genutzt werden. Immer wieder sehe ich deutsche Kennzeichen und spreche mit der ein oder anderen Person, die es innerhalb der letzten Jahre hierher verschlagen hat.

Es erscheint völlig surreal, als schließlich der Moment des Aufbruchs kommt. So schön die lange Fahrt von Montenegro über Kroatien, Slowenien und schließlich Österreich auch sein mag – Mitte November plötzlich wieder in Deutschland zu stehen und von sommerlichen Temperaturen in den ersten Schneefall zu wechseln, bereitet mir einen kleinen Schock. Ein kleiner Trost ist, dass ich nicht lange warten muss, um den Hanfhändler meines Vertrauens wiederzusehen. Ich habe da schon einen Plan, wie sich der Winter entspannt aushalten lässt.


Dieser Artikel stammt aus der grow! Ausgabe 1-2025. Falls du diese Ausgabe nachbestellen möchtest,
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