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CBD Hype in der Schweiz

27.10.2017 13:56
von grow! Magazin
(Kommentare: 1)
international

Was sich derzeit in der Schweiz abspielt, ist für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar: Die extrem gestiegene Nachfrage nach CBD-Produkten, insbesondere CBD-haltigen Hanfblüten, hat sich zu einem wahren Boom entwickelt. Die Nachfrage ist größer als die Produktion.

Dabei ist CBD ein Cannabinoid, dass nicht psychoaktiv ist und keinen „Rausch“ verursacht. Zudem gibt es „CBD-Hanf“ bereits lange in Form von Nutzhanf. Was ist los in der Schweiz, dass hier plötzlich so ein Interesse an CBD-haltigen Cannabisprodukten entstanden ist?

Zum ersten Mal ist uns das CBD-haltige Cannabis 2016 auf der CannaTrade Hanfmesse in Dietikon bei Zürich aufgefallen. Hier konnte man am Stand der Firma Bio Can AG CBD-haltige Hanfblüten nicht nur anschauen, sondern auch kaufen. Und das völlig legal, wie uns auf Nachfrage versichert wurde.

Da CBD keine berauschende Wirkung hat, ist es auch nicht verboten. Weder in der Schweiz, noch in Deutschland oder Österreich. Auch hier kann man CBD-haltige Produkte wie CBD-Öl legal kaufen, nur der Verkauf von CBD-haltigen Cannabisblüten ist problematisch.

Das liegt daran, dass Cannabisblüten von Natur aus einen gewissen Anteil an THC enthalten. Und wie wir wissen, ist THC psychoaktiv und wurde vom Gesetzgeber als Droge eingestuft und verboten.

Es wurden Grenzwerte festgesetzt, die zertifizierter Nutzhanf nicht überschreiten darf, um legal angebaut werden zu können. In Deutschland liegt dieser Grenzwert bei 0,2 % THC, in Österreich bei 0,3 % und in der Schweiz muss der THC-Gehalt unter 1 % liegen.

Hanfblüten dürfen in der Schweiz also mehr als viermal so viel THC enthalten wie in Deutschland. Das macht es den Produzenten deutlich einfacher, CBD-Hanf anzubauen, dessen THC-Gehalt im legalen Rahmen bleibt. 

CBD-Hanf darf von Unternehmen angebaut werden, wenn eine entsprechende Lizenz beantragt und erteilt wurde. Aktuell gibt es 130 lizenzierte CBD-Hanf-Produzenten in der Schweiz, 250 weitere sollen mit der zuständigen Behörde, der Eidgenössischen Zollverwaltung, in Kontakt stehen. 

Dabei geht es um die Produktion von CBD-Hanf als Tabakersatzstoff, nicht um die Produktion von Cannabis, das für den medizinischen Einsatz geeignet ist.

Wie uns Mike von der Firma The Botanicals AG erzählt, sind die Auflagen für die Produktion von medizinischem CBD-Hanf deutlich strenger, als die Auflagen für die Tabakersatzstoff-Produktion. Das betrifft die Hygienestandards genauso wie die Sicherheitsmaßnahmen oder die permanente Kontrolle der Wirkstoffgehalte durch einen Chemiker. Entsprechend höher sind die Kosten und das finanzielle Risiko.

Mike berichtet uns, dass seine erste Firma (Medropharm GmbH) im medizinischen Bereich tätig ist (Herstellung von sortenreinen CBD-Extrakten und Cannabis). Vor einigen Monaten gründete das Team dann die zweite Firma, um in die Produktion von Cannabis als Tabakersatzstoff einzusteigen. Zum einen sehen die Firmeninhaber den großen Bedarf an hochwertigen und sauberen CBD-Blüten für den rasch wachsenden Lifestylemarkt, zum anderen wollen sie auf diese Weise weitere Erfahrungen im Indooranbau sammeln, denn bis dahin haben sie ihre medizinischen Cannabispflanzen ausschließlich im Glashaus angebaut.

In vier dafür eingerichteten Test-Räumen mit jeweils 72 Lampen (ALF 1000 Watt von Agrolux mit Leuchtmitteln von Philips) und je rund 1000 Pflanzen werden zum Beispiel unterschiedliche Belüftungskonzepte getestet: In einem Raum wird die Luft von links nach rechts geführt, in einem anderen von unten nach oben und so weiter. Dabei wird genau beobachtet, welche Auswirkungen die unterschiedliche Luftführung auf das Wachstum und den Ertrag der Pflanzen hat.

Alle Pflanzen sind Stecklinge der selben Sorte. Um welche genau es sich handelt, ist ein Betriebsgeheimnis. Mike konnte uns nur soviel verraten, dass es eine der 50 in der EU zertifizierten Nutzhanfsorten ist, die legal angebaut werden dürfen. Ihr THC-Gehalt liegt bei 0,6 %, kann aber zwischen 0,4 % und 0,8 % schwanken. Der CBD-Gehalt liegt bei rund 15 %.

Bei der Produktion achten sie besonders auf Sauberkeit und setzen präventiv Nützlinge zur Schädlingsbekämpfung ein. Denn jeglicher Einsatz von chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln oder Pflanzenschutzprodukten ist tabu. Ziel ist es, qualitativ hochwertige und saubere Blüten zu erzeugen, die neben dem CBD auch reich an Terpenen und Aromastoffen sind und sich gut als Tabakersatzstoff eignen.

In der Schweiz sind derartige Sorten gerade sehr begehrt. Sogar so begehrt, dass zum aktuellen Zeitpunkt ein Versorgungsengpass an hochwertigen CBD-Blüten herrscht. So mancher Head-/Hanfshop hat Probleme, die Nachfrage der Kunden zu befriedigen. Dabei sollen laut Expertenschätzung derzeit rund 15.000 Lampen für die Produktion von CBD-Hanf im Betrieb sein. Hinzu kommen der Freiland- und Gewächshausanbau, was natürlich nur während der Sommermonate möglich ist. Die letztjährige Outdoorernte ist mittlerweile aufgebraucht und es gibt im Moment nur aus dem Indooranbau Nachschub.

So mancher wittert jetzt die große Chance, mit dem Einstieg in die CBD-Hanf-Produktion schnell viel Geld zu verdienen. Dieser Trend hat bereits dazu geführt, dass Anbaulampen in der Schweiz so gut wie ausverkauft sind. Dabei können die Vorgehensweisen bei der Produktion von Hersteller zu Hersteller recht unterschiedlich sein. Es gibt sehr professionell arbeitende Betriebe, wie wir bei The Botanicals selbst sehen konnten, aber auch so mancher Neueinsteiger versucht sich auf diesem Gebiet. 

Die Behörden sollen zwar Kontrollen bei den Betrieben durchführen, doch wer und was kontrolliert wird, entscheiden die einzelnen Kantone selbst.

Am legalen Geschäft mit dem CBD-Hanf verdient der Schweizer Staat natürlich ordentlich mit. Für Tabakersatzstoff werden 25 % Tabaksteuer fällig, hinzu kommt die Mehrwertsteuer von 8 %. Die Finanzbehörden konnten noch keine konkreten Zahlen nennen, was die Steuereinnahmen aus dieser Branche betrifft, doch Schätzungen sprechen von rund 30 Millionen Franken im Jahr, Tendenz steigend.

Der Preis für CBD-Blüten variiert je nach Qualität zwischen 5 und 12 Franken (4,5 bis 11 €) pro Gramm. Auch von Shop zu Shop kann der Preis für eine Sorte sehr unterschiedlich sein. Und um die Verwirrung komplett zu machen, wird oft die selbe Sorte unter verschiedenen Namen und zu unterschiedlichen Preisen verkauft.

Roli von Hempner in Fisibach hat in seinem Hanfladen 2014 als einer der ersten mit dem Verkauf von CBD-Produkten begonnen. Damals waren das vor allem CBD-Öle, -Tinkturen und -Nutzhanfblüten aus Deutschland und Österreich. In der Schweiz konnte er solche Produkte noch nicht finden, deshalb importierte er sie. Das war nicht immer ganz einfach, und so musste er für ein Kilogramm legaler Nutzhanfblüten schon mal vier Stunden beim Schweizer Zoll verbringen. 

Mittlerweile betreibt er einen Großhandel mit CBD-Produkten und beliefert Geschäfte in der ganzen Schweiz. Er kauft Rohstoffe in großen Mengen ein, zum Beispiel CBD-Blüten und CBD-Öl, verpackt sie in verkaufsgerechte Einheiten und vertreibt sie an Shops.

Die meisten Schweizer Hanf- und Headshops haben CBD-Produkte in ihr Sortiment aufgenommen, und es wurden sogar reine CBD-Fachgeschäfte eröffnet, wo nur CBD-Produkte angeboten werden.

Roli erklärt uns, dass auf den Verpackungen der CBD-Blüten, die als Tabakersatzstoff verkauft werden, die selben Warnhinweise abdruckt sein müssen, wie auf Tabak und Zigarettenpackungen. Er findet das absolut paradox, wenn die selben Blüten, die zuvor als Heilmittel angeboten wurden, nun als „krebserregend“ und „tödlich“ bezeichnet werden müssen.

Dabei hat CBD (Cannabidiol) medizinische Eigenschaften, die als erwiesen gelten und bereits zahlreiche Anwendungen finden. CBD wirkt entkrampfend, beruhigend, entzündungshemmend, angstlösend und gegen Übelkeit. Andere medizinische Effekte, wie etwa seine Wirkung auf Krebszellen, werden gerade erforscht.

Kein Wunder, dass CBD bei Patienten beliebt ist, denn es ermöglicht Linderung bei vielen Beschwerden, ohne gravierende Nebenwirkungen herbeizuführen. Aber wie uns Dr. Franjo Grotenhermen auf Anfrage mitteilte, kann sich eine erhöhte CBD-Einnahme auf die Leber auswirken, besonders dann, wenn gleichzeitig andere Medikamente eingenommen werden, die ebenfalls über die Leber abgebaut werden. Betroffenen wird deshalb geraten, ihre Leberwerte vom Arzt überprüfen zu lassen. Der „normale“ Konsum von CBD ist unbedenklich. Allerdings treten beim Rauchen ähnlich gefährliche Verbrennungsprodukte auf, wie sie auch beim Rauchen von THC-Hanf (Marijuana) entstehen.

Dass CBD-Hanf für Menschen mit körperlichen oder psychischen Problemen interessant ist, steht außer Frage. Doch warum ist CBD-Hanf auf dem „Lifestylemarkt“ so beliebt?

Um dieser Frage nachzugehen, kamen wir um einen Selbstversuch nicht herum. Uns wurde von Mike eine CBD-Blüte vorgelegt, die er von der letzten Ernte „retten“ konnte (insgesamt wurden davon 110 Kilo geerntet, die nach nicht mal zwei Wochen ausverkauft waren).

Auf den ersten Blick macht sie einen guten Eindruck, fühlt sich fest an, ist klebrig und auch der Geruch ist gut. Beim Rauchen ähnelt sie anfangs dem THC-Hanf, das Aroma ist lecker und hat nichts mit dem befürchteten „Heu-Geschmack“ zu tun, den wir von manch anderer Nutzhanfsorte kennen.

Doch anders als von THC-Hanf, bleibt der Kopf klar und die Sinne ungetrübt. Eine gewisse Entspannung ist zu spüren, aber ganz anders als bei THC.

Wie uns Konsumenten berichten, schätzen sie am CBD-Hanf, dass sie ihn rauchen können wie „normales“ Cannabis, ohne aber high zu werden. Sie können kiffen und „funktionieren“ besser und fühlen sich wohler. Besonders Leute, die mit THC Probleme haben (weil sie z.B. Angststörungen bekommen), können von CBD-Hanf profitieren. Er enthält kaum THC, dafür aber viel CBD, was angstlösend wirkt. CBD-Hanf wird von immer mehr Schweizern deshalb als THC-Hanf-Ersatz eingesetzt. Er ist legal und vergleichsweise gut verfügbar, schmeckt gut, macht nicht high.

Jedoch sind die Behörden wie die Polizei mit dem CBD-Hype absolut überfordert. Wenn jemand auf der Straße mit CBD-Hanf in der Tasche von der Polizei gestoppt und kontrolliert wird, werden die Beamten ihm das Cannabis abnehmen und ihm eine Geldbuße von 100 Franken auferlegen. Denn die Beamten haben (noch) keine Möglichkeit festzustellen, ob es sich um illegalen oder legalen Hanf handelt (was von der Höhe des THC-Gehalts abhängt). Nur wenn der Betroffene Widerspruch einlegt, wird das Cannabis in ein Labor zur Analyse geschickt. Liegt der THC-Gehalt unter 1 %, werden die 100 Franken Busse zurückgezahlt und die Kosten der Laboranalyse in Höhe von rund 400 Franken gehen zu Lasten des Steuerzahlers. Liegt der THC-Gehalt aber über 1 %, dann ist der Hanf illegal.

Konsumenten müssen dabei ganz auf den Shop vertrauen, der ihnen das CBD-Cannabis verkauft hat. Und die Shops wiederum hängen von den Produzenten ab und davon, dass diese sorgfältig arbeiten. Durch Stecklingsvermehrung und Indooranbau ist es möglich, eine Sorte mit niedrigem THC-Gehalt großflächig anzubauen, ohne befürchten zu müssen, dass der THC-Gehalt über den Grenzwert steigt.

Bei Pflanzen, die aus Samen gezogen wurden oder im Freiland bzw. Gewächshaus stehen, kann man dagegen nicht so sicher sein, ob nicht doch die eine oder andere Pflanze zu viel THC gebildet hat.

Es sind recht unterschiedliche Qualitäten im Umlauf, und CBD-Hanf ist nicht automatisch gleich CBD-Hanf. Etwa fünf bis sechs Sorten sollen großflächig angeboten werden, die meisten anderen sind nur in einer begrenzten Region verfügbar. In Städten wie Zürich, Genf oder Basel soll besonders das indoor angebaute CBD-Gras gefragt sein, während die Konsumenten in den ländlichen Gebieten eher auf Outdoor- und Gewächshaus-Produktionen stehen.

Auf die Frage, ob durch den Konsum von CBD-Hanf der Führerschein in Gefahr gerät, gab uns Roli eine recht anschauliche Antwort. Er verglich den Konsum von CBD-Hanf mit dem Trinken von alkoholfreiem Bier, das tatsächlich nicht ganz frei von Alkohol ist (etwa 0,2 % Alkoholanteil). Ein Bier wird bei einer Polizei-Kontrolle nicht zu Auffälligkeiten führen, zehn Bier womöglich schon.

Ähnlich ist es beim Rauchen von CBD-Hanf. Das wenige enthaltene THC, auch wenn es keine psychoaktive Wirkung entfaltet hat, wird im Körper abgebaut und über den Urin ausgeschieden. Hochsensible Tests können die THC-Abbauprodukte dort möglicherweise noch einige Stunden feststellen. Bei einem anschließenden Bluttest dürften aber keine relevanten THC-Konzentrationen nachgewiesen werden können, dafür ist die aufgenommene THC-Menge in Vergleich zur CBD-Menge zu gering.

Wenn man nach der Zukunft des Schweizer CBD-Markts fragt, bekommt man die einhellige Antwort, dass sich der Hype bis zum Herbst legen wird. Der Markt wird sich regulieren, einige Produzenten werden wieder verschwinden und die Preise für CBD-Hanf werden fallen.

Auch von den Behörden wird erwartet, dass sie sich auf die neue Situation einstellen und (Qualitäts-) Kontrollen zum Standard werden. Denn für sie gibt es hier viel Geld zu holen, von ihrer Verantwortung dem Konsumenten gegenüber ganz zu schweigen.

CBD wird sicher noch lange ein Thema in der Schweiz bleiben, insbesondere die CBD-Blüten sind für viele eine interessante Alternative zum illegalen THC-Hanf.

Dass dieser Trend auch nach Deutschland oder Österreich überschwappt, ist derzeit aber nicht zu erwarten. Noch fehlen die passenden Sorten, die nicht nur die geringen THC-Grenzwerte einhalten, sondern auch noch gut riechen und schmecken. Doch es würde uns nicht wundern, wenn daran bereits gearbeitet wird ...

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Kommentar von A M |

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