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Also sprach Gregor Mendel... Meine Begegnung mit der Vererbungslehre

17.05.2021 12:56
von grow! Magazin
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Basiswissen

Im Jahr 1866 ereignete sich in Europa ein wissenschaftliches Erdbeben, ohne dass die Welt zunächst davon Kenntnis nahm. Der Augustinermönch Gregor Mendel publizierte seine bahnbrechenden Thesen zur Vererbungslehre – und stieß auf allseitige Skepsis in der Fachwelt. Damit hatte er jedoch die Grundlagen für ein modernes Verständnis von genetischer Disposition und Reproduktion geschaffen. Erkenntnisse, die auch jeden ambitionierten Cannabisgrower und -züchter interessieren müssen, weil diese großteils noch heute gültig sind. Hier sind die Grundlagen des Meisters.

Über Jahrhunderte hinweg galt es als unbestritten, dass allein Gott für die Entstehung und Ausprägung jeglichen Lebens auf der Erde verantwortlich sei. Wer etwas anderes behauptete, war nicht selten auf dem Scheiterhaufen gelandet. Doch mit der Aufklärung schwand die Macht der Kirche und neue Denkmodelle wurden möglich. Dass es ausgerechnet ein Kirchenmann war, der in diesem Zusammenhang Gott quasi entthronte und an seine Stelle eine rationale Wissenschaft setzte, darf wohl als Ironie der Geschichte betrachtet werden. Mendel führte eine ganze Menge Experimente durch. Seine bis heute wohl bekanntesten, sind die Versuche mit Erbsenpflanzen. Die daraus gewonnen Erkenntnisse gipfelten in den "Mendelschen Regeln".

Warum es sinnvoll ist, sich mit den Mendelschen Regeln vertraut zu machen

Ich habe mich lange gefragt, woher die stetig zunehmende Vielfalt an Cannabis-Sorten kommt, die auf dem Markt erhältlich ist. Mir war bewusst, dass es professionelle Züchter und Seedbanks gibt, die beständig kreuzen und tüfteln, um neue Cannabis-Sorten zu erschaffen oder um bereits vorhandene Strains zu optimieren. Klar war mir auch, dass die Leute nicht x-beliebige Seeds in Blumentöpfe füllen, die Hände falten und auf das Beste hoffen. In jüngerer Zeit beschlich mich nach einem Samenkauf immer wieder das Gefühl, dass es da jemand trotz aller blumigen Versprechen nicht so genau mit der Sorgfalt bei der Arbeit nahm: erhöhte Zwitter-Raten, Mini- und Krüppelpflanzen, eine große Bandbreite an unterschiedlichen Phänotypen. Das sind nur einige der enttäuschenden Erfahrungen, mit denen sich Grower immer wieder herumärgern müssen, darunter auch hin und wieder ich selbst. Aus diesem Grund begann ich, mich für die Zucht eigener Sorten zu interessieren. Das war der Moment, in dem Gregor Mendel in mein Leben trat. Der Gedanke dahinter war, eine schöne Menge Samen zu besitzen, deren genetische Eigenschaften in puncto Turn meinen individuellen Bedürfnissen entsprachen. Eine Bandbreite unterschiedlich wachsender Exemplare und ebensolcher Wirkungen war für mich sehr okay. Schließlich würde das den Gewöhnungseffekt beim Rauchen reduzieren. Was ich jedoch keinesfalls gebrauchen konnte, waren Pflanzen, die mich am Ende einer langen Outdoor-Saison mit mageren zehn Gramm Ernteertrag marterten. Blieb die Frage zu klären, was für einen Turn ich eigentlich als Resultat erwartete. Erst danach sollte sich klären, welche Sorten für mich in Frage kamen.

Am Anfang steht ein Sammelsurium verwirrender Begrifflichkeiten und Regeln

Am Anfang des Verständnisses steht meist die Theorie. Um sich in dem Dschungel aus Begriffen und Regeln leidlich zurechtzufinden, muss an dieser Stelle ein wenig trockene Materie stehen. Ich habe jedoch versucht, mich auf das unbedingt Notwendige zu beschränken. Will man ernsthaft in die Materie einsteigen, kommt man um eine ausführliche Recherche zum Thema "Vererbungslehre" nicht umhin.

Gene

Alle Lebewesen bestitzen ihre jeweils charakteristischen Eigenschaften. Diese sind in den Genen festgelegt. Jedes Gen wird zur Hälfte von der Mutter und vom Vater vererbt. Erst gemeinsam bilden sie die Anlagen für entsprechende Merkmale aus, wie beispielsweise die Blattfarbe einer Pflanze oder die Haarfarbe eines Menschen.

Phänotypen, Genotypen

Der Phänotyp einer Pflanze ist das Ergebnis einer Interaktion zwischen dem Genotyp dieser Pflanze und der Umwelt. Der Genotyp hingegen stellt die genetischen Anlagen dar, die für den Phänotyp hauptverantwortlich sind. Die Phänotypen einer Cannabispflanze können beispielsweise das Erscheinungsbild klein, mittel, groß und die Blütenfarbe umfassen, während der Genotyp sich auf die Gene in der spezifischen DNA der Pflanze bezieht, die für diese Merkmale verantwortlich ist.

Allelen

Jedes Gen besteht aus zwei Allelen, von denen eine vom Vater und die andere von der Mutter stammen. Wenn beide Allelen eines Individuums für ein bestimmtes Merkmal gleich sind, ist das Erbgut, bezogen auf dieses eine Merkmal, „reinerbig“ oder homozygot. Liegen dagegen zwei verschiedene Allelen vor, bezeichnet man dies als Mischerbigkeit oder Heterozygotie. An die Nachkommenschaft wird von jedem Elternteil ein Satz Allele vererbt.

Hybride, F1 und F2

Kreuzt man eine Mutterpflanze (P) mit einer männlichen Pflanze (P) unterschiedlicher Sorten, entsteht eine neue Hybrid-Sorte. Die erstmalige Kreuzung zweier nichtverwandter Elternpflanzen nennt man F1 (Filial 1)-Hybride. Kreuzt man nun die erwünschtesten F1-Exemplare miteinander, so erhält man die F2-Generation dieser Hybride.

Dominante und rezessive Merkmale

Dominante und rezessive Merkmale werden von den Allelen diktiert, die von beiden Elternteilen vererbt werden. Eine Interaktion zwischen zwei Allelen von je einem Elternteil bestimmt, wie die weiteren Generationen aussehen.

Dominant: Verdeckt ein Allel das andere Allel, so ist ersteres dominant. Das hat Auswirkungen auf die Nachkommenschaft und zeigt sich dort bei einer bestimmten Eigenschaft. In der ersten Generation zeigt sich nur das dominante Merkmal. Bei der F2-Generation ist diese Dominanz nur noch bei 75 % der Exemplare festzustellen.

Rezessiv: Verdeckt ein Allel das andere Allel, so ist das verdeckte Allel rezessiv. Das rezessive Merkmal zeigt sich nicht in der nachfolgenden ersten Generation (F1), tritt aber wieder auf, wenn die Geschwister miteinander gekreuzt werden. Bei den F2-Nachkommen werden dann 25 % dieses rezessive Merkmal aufweisen.

Afghani Special: massive, blütenbehangene Äste.

Bei der geschlechtlichen Vermehrung verschmelzen jeweils eine weibliche und männliche Keimzelle miteinander. Weil sie nur je einen halben Chromosomensatz besitzen, entsteht eine neue Zelle mit den gemischten Erbinformationen beider Elternpflanzen. Welche Chromosomen vererbt werden, ist Zufall. Die Tochterpflanze enthält somit je ein Allel der beiden Elternpflanzen. Beim intermediären Erbgang wird die Ausprägung des Merkmales von beiden Allelen gleich bestimmt. Eine reinerbig rote und eine reinerbige weiße Erbsenpflanze haben dabei rosafarbene Nachkommen. Beim dominant-rezessiven Erbgang wird die Ausprägung des Merkmales hingegen von einem (dominanten) Gen bestimmt. Eine rote und eine weiße Pflanze haben dann entweder nur rote oder nur weiße Nachkommen. Weil sie alle mischerbig sind, nennt man die Nachkommen Hybriden.

Grundsätzlich gilt: Je nachdem, wie die Merkmale auf den Genen verteilt sind, können unterschiedliche Regeln bei der Vererbung der entsprechenden Merkmale gelten. Für jede Regel existieren drei unterschiedliche Erbgänge (dominant, rezessiv, kodominant), die zu verschiedenen Ergebnissen führen.

  1. Mendel'sche Regel (Uniformitätsregel): Kreuzt man zwei Individuen einer Art miteinander, die in einem bestimmten Merkmal reinerbig, jedoch nicht verwandt sind, so sind alle Nachkommen in der 1. Tochtergeneration (F1-Generation) in diesem Merkmal gleich. Wenn die F1-Generation der (Erbsen-) Pflanzen untereinander gekreuzt werden, ergeben sich 25 % rote, 25 % weiße und 50 % rosafarbene Nachkommen in allen denkbaren Schattierungen.

  2. Die 2. Mendelsche Regel (Spaltungsregel) besagt hierzu: Kreuzt man die Individuen der F1-Generation untereinander, so spalten sich die Nachkommen der 2. Filialgeneration (F2-Generation) in Bezug auf die Merkmale in einem bestimmten Zahlenverhältnisses. Bis hier hin ging es nur um die Vererbung eines Merkmales. Ein Organismus besteht freilich aus vielen davon.

  3. Damit beschäftigt sich die 3. Mendelsche Regel (Unabhängigkeits- und Neukombinationsregel), die besagt: Werden zwei Individuen gekreuzt, die in mehreren Merkmalen reinerbig sind und sich darin unterscheiden, so werden die Erbanlagen frei kombiniert und unabhängig voneinander vererbt. In der F2-Generation treten alle Merkmalskombinationen der Elterngeneration auf. Es können reinerbige Individuen mit neu kombinierten Erbanlagen entstehen (Blattfarbe, Blattform, Blütenfarbe, THC-Gehalt etc). Es kann auch sein, dass ein Merkmal durch zwei oder mehr Gene bestimmt wird. Dann kommt es zu Abweichungen von den bekannten Verteilungswerten. Gleiches gilt, wenn ein Merkmal nur teilweise dominant ist. Dann verändern sich die prozentualen Zahlenverhältnisse ebenfalls.

Es gibt noch ein paar weitere Faktoren, wie das sogannte "crossing-over", bei dem genetische Eigenschaften der gekreuzten Pflanzen während der Zellteilung (Meiose) scheinbar wahllos zwischen den einzelnen Allelen ausgetauscht werden. Diese Vorgänge waren jedoch zu Mendels Zeiten schlichtweg nicht feststellbar – und auch heute sind sie dies für den Normalanwender nicht. Die Beurteilung und Beeinflussung solcher Prozesse setzt ein erhöhtes Maß an genanalytischen und -manipulatorischen Fähigkeiten voraus, wie sie nur ein Labor aufweist. Entscheidend hierbei sind zwei Dinge: Erstens kann der Pflanzenzüchter niemals im Voraus sagen, wie der genaue Genomplan seiner Pflanze aussieht, wo und wie die Eigenschaften angeordnet sind bzw. Ob, und wenn ja, welche Merkmale dominant und welche rezessiv vererbt werden. Alles, was er tun kann, ist seine Plants zu beobachten, um dann die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Und genau da hilft die Kenntnis der Mendelschen Regeln, weil man dann ansatzweise einordnen kann, wie sich die beobachteten Plants aller Wahrscheinlichkeit nach in der Zukunft verhalten werden. Akzeptiert man also, dass es ein paar Faktoren bei der Sortenkreuzung und -vermehrung gibt, die sich dem eigenen Einfluss entziehen, dann kommt man mit Beobachtung und Selektion ganz gut zurecht.

Die praktische Bedeutung der Regeln für die heimische Cannabissorten-Zucht

Bei der klassischen Cannabiszucht handelt es sich um ein uraltes Verfahren, das Cannabiszüchter noch heute anwenden. Entscheidungen werden aufgrund von Beobachtung einer möglichst großen Anzahl von Pflanzen getroffen. Der Züchter weiß nicht genau, welche Gene in den neuen Sorten stecken. Alles, was er tun kann, ist, die Pflanzen nach dem optischen Eindruck, dem Geruch und seiner Erfahrung auszuwählen. Um genau diese Form der Pflanzenvermehrung soll es hier und heute gehen. Eine weibliche und eine männliche Pflanze zweier verschiedener Sorten werden ausgewählt. Jedes Elternteil weist bezüglich Duft, Potenz, Schimmelresistenz usw. die erwünschten Eigenschaften auf. Der männliche Blütenstaub befruchtet die weibliche Blüte, und ihre Erbanlagen verbinden sich zu einem neuen genetischen Mix, der im Samen enthalten ist. Im nächsten Schritt werden einzelne Pflanzen für die Weiterzucht ausgewählt, welche die erwünschten Eigenschaften von beiden Eltern aufweisen. Eigenschaften, wie etwa die Anpassung an ein bestimmtes Klima, sind vergleichsweise einfach zu bekommen, weil die Pflanzen, die in einer bestimmten Umgebung am besten wachsen, fortwährend selektiert werden. Um Kältetoleranz anzuzüchten, lässt man Pflanzen unter kalten Bedingungen wachsen. Die Pflanzen, die unter Kälteschäden leiden, werden entfernt. Es bleiben in den Folgegenerationen Züchtungen, die kühlen Temperaturen widerstehen können. Um auf Schimmelresistenz zu züchten, baut man Pflanzen unter Bedingungen an, die Schimmelbildung begünstigen. Wir behalten nur jene, die spät oder gar nicht von Schimmel befallen werden. Und so weiter und so fort. Grundsätzlich kann durch gezielte Selektion jede genetische Anlage gefördert oder unterdrückt werden.

Welche Elternmerkmale in der Filialgeneration zur Ausprägung kommen, kann der Züchter auf dem Weg der klassischen Zucht indes nur erahnen. Und auch nur dann, wenn er sich im Vorfeld mit den Eigenschaften der elterlichen Stammbäume auseinandergesetzt hat. Grundsätzlich scheint es leichter zu sein, erwünschte Eigenschaften zweier Elternpflanzen zu kombinieren, wenn diese selbst mit möglichst wenig Vorfahren gesegnet sind und viele genetische Gemeinsamkeiten mit dem Kreuzungspartner aufweisen. Je mehr unterschiedliche vererbbare Merkmale bei beiden Eltern vorhanden sind, desto schwieriger sind Voraussage und Selektion. So erweist sich die Kreuzung zweier Indica-Cannabissorten häufig unkomplizierter als die Kreuzung einer Indica mit einer Sativa. Ganz einfach, weil weniger unerwünschte Eigenschaften herausgezüchtet werden müssen.

Der Genpool der Elternpflanzen ist entscheidend

Interessant: Rund zwei Prozent unserer europäischen Erbanlagen gehen auf Neandertalergene zurück, also die Gene einer Spezies, die bereits vor rund 50.000 Jahren ausgestorben ist. Zwar setzten sich in den folgenden Jahrtausenden die dominanten Gene des Homo sapiens durch, aber verschwunden sind die rezessiv vererbten Neandertaler-Gene noch lange nicht. Tief verankert in unserem Gen-Pool, tauchen sie auch heute noch bei jeder dritten europäischen Frau auf, unter anderem in Form einer erhöhten Fruchtbarkeit. Hier wird einmal mehr klar, dass es auch für ambitionierte Cannabiszüchter unabdingbar ist, den Stammbaum und damit den Gen-Pool seiner zu kreuzenden Sorten unter die Lupe zu nehmen. Sonst ist das zu erwartende Ergebnis immer ein Lotteriespiel.

Meine private Sortenkreuzung und der Mendelsche Erklärungsansatz

Nach dem Studium der Mendelschen Regeln habe ich folgenden Arbeitsansatz gewählt:

  1. Ich sollte mit zwei Sorten arbeiten, deren Stammbäume kurz sind,
    um das Sammelsurium an rezessiv vererbbaren Eigenschaften möglichst klein zu halten.

  2. Ich sollte mit zwei Sorten arbeiten, deren erwünschte Merkmale einander im Idealfall ergänzen.

  3. Die Eigenschaften der neuen Kreation sollten bestehen aus:

- einem ordentlichen Body-Kick

- einem durchaus spürbaren, aber nicht überwältigenden High

- einer ordentlichen Portion CBD zur Entspannung

- einem ordentlichen Ertrag

Die Kreuzung sollte eine gewisse Wettertoleranz mitbringen und nicht erst ewig spät im Jahr fertig werden. Ich sichtete mein Samen-Stash, in dem sich ein paar ganz nette Sorten wiederfanden. Am Ende fiel meine Wahl auf eine THC-reiche Indica-/Sativa-Libanon-Hybride sowie eine CBD-reiche Afghanin einer mutmaßlich reinen Indica-Landrassen-Linie. Die Libanon-Exemplare wuchsen trotz Sativa-Beteiligung sehr klein und buschig, blühten zugleich gerade aufgrund der Sativa-Beteiligung ewig lange und turnten mit einem ordentlichen High wie der Teufel. Die Afghaninnen wiederum wurden gleichmäßig riesig, blühten für reine Indicas normal lange und verfügten über ansprechende CBD-Werte. Das legte zumindest die echt entspannende Wirkung nahe. THC-mäßig bewegten sie sich eher im Mittelfeld, aber um THC-Rekorde zu brechen, hatte ich sie ja nicht ausgewählt. Vielmehr ging es mir um einen stabilen Genpool und um einen "runden", umfassenden Turn. Außerdem sollte der Afghani-Anteil an der Neukreation das teils acidartige High der "First Sativa" ein wenig nach unten regulieren.

Im ersten Schritt growte ich also die Elterngeneration der beiden Sorten. Hierzu verwendete ich reguläres Saatgut, weil ich ja auch die männlichen Pflanzen benötigte. Zur Blüte hatte ich von jeder Sorte ungefähr drei bis vier weibliche Exemplare und ebenso viele Männlein dastehen. Aus diesem Pool wählte ich eine Libanesin von ungefähr 70 Zentimetern Höhe, die aus einer einzigen Riesenblüte bestand. Dass ihr Turn mörderisch war, wusste ich bereits und das war ein mehrfach bestätigter Fakt. Hinzu kam als männliches Pendant ein staatlicher Afghane, der bei einer Höhe von deutlich über 2 Metern eine Menge wunderbarer Blütenrispen aufwies. Auch die weiblichen Vertreter dieser Linie besaßen eine beeindruckende Höhe. Was aber viel wichtiger war: Sie wiesen eine Unzahl mittelgroßer Buds auf, dass es nur so krachte.

 

 

Bereits während des jugendlichen Wachstums deutete sich an, dass ich es mit zwei unterschiedlichen Phänos zu tun hatte. Während der eine kurz und gedrungen war, wies der zweite die fast doppelte Größe auf. Am Ende entsprach die phänotypische Verteilung rund 50 zu 50 %. Im weiteren Verlauf bestätigte sich diese Vorahnung.

Als die Blüte einsetzte, waren die #1-Damen um die 0,90 Meter, die #2-Exemplare hingegen um die 1,50 Meter. Beide Partner hatten ihre ursprünglichen Größen offensichtlich modifiziert. Die Blüte brachte weitere Unterschiede. Die #1-Teile begannen bereits Ende Mai damit, während die #2-Damen erst Ende August an Fahrt aufnahmen. Entsprechend unterschiedlich waren mit Ende September bzw. Ende Oktober die Erntezeitpunkte. Die #1 hatte die wunderbar großen und superharzigen Top-Colas von ihrer Mutter geerbt, die #2-Mädels die Vielzahl mittelgroßer Nuggets aus der Afghan-Linie. Ich probierte zunächst die etwas früher geernteten #1-Buds. Der Geschmack war unauffällig bis leicht fruchtig – durchaus angenehm, aber keine Offenbarung. Als ich kurz darauf ein wenig ins Freie ging, bemerkte ich zu meiner Überraschung, dass der Boden unter meinen Füßen erheblich schwankte. Das hatte ich schon lange nicht mehr erlebt. Üblicherweise setzt an diesem Punkt ein gewisses Gefühl der Unruhe ein. In diesem Fall jedoch blieb das aus. Dennoch war ich gezwungen, eine kleine Pause einzulegen, und mich zu sammeln. Es war offenkundig, dass die Eigenschaften eines massiven THC-Turns von der Mutter übernommen wurden, wobei der Vater wohl für eine gewisse Limitierung nach oben sorgte. Kein Herzklopfen, keine acidartigen Anwandlungen. Deutlich verträglicher als das Original.

Als ich die #2-Buds probierte, rechnete ich mit allem. Es entsprach ziemlich genau dem Resultat, das ich mir erhoffte. Ich spürte einen ordentlichen Wumms im Körper, der fast zeitgleich mit einem deutlich weniger ausgeprägten High daherkam. Dann war da noch eine echt entspannend wirkende Komponente, die klar auf den Genpool des Vatis zurückging. War die #1-Variante eine Menge Sativa mit etwas Indica-Feeling, verhielt es sich bei der #2 genau umgekehrt. Mengenmäßig bewegten sich meine #1-Damen im Rahmen ihrer Mutter. Daran hatte sich wenig geändert. Mit rund 60 Gramm getrockneter Buds pro Plant war die Menge okay, aber nicht super. Die #2-Variante hatte freilich eine Menge ihres mütterlichen Ertragspotentials eingebüßt. Trotzdem bewegten sich ihre Vertreterinnen immer noch im Bereich von knapp 100 Gramm Buds/Pflanze.

So traf ich am Ende der Saison folgendes (Zwischen-) Fazit:

In meiner F1-Generation hatten sich zwei Phänos gebildet, deren Verteilung 50/50 betrug. Diese hatten im #1 mehrheitlich mütterliche Eigenschaften geerbt, und im #2 primär väterliche Eigenschaften – aber eben nicht ausschließlich. Zu den väterlicherseits vererbten Eigenschaften gehörten im #2 z.B. die Blütenstruktur, die Blühdauer sowie in beiden Phänos das Afghan-typische CBD-Potenzial. Die Mutter hatte sich hingegen in beiden Typen klar bei der THC-Stärke durchgesetzt und im #1 zusätzlich in der Blütenstruktur. Während ich das Ergebnis meiner #2 guten Gewissens so stehen lassen kann, weil es meinen persönlichen Bedürfnissen in nahezu idealer Weise entgegenkommt, spiele ich mit dem Gedanken, meine #1 ein wenig weiter zu optimieren. Mein Ziel ist es, zugunsten steigender CBD Werte das High noch ein wenig mehr zu reduzieren, und außerdem den Ertrag spürbar zu steigern. Es wird wohl noch eine Tüftelei, ehe ich mit meinen durchaus bescheidenen Kreuzungsversuchen zufrieden bin. Gekaufte Seeds kreuzen und sich über ein schönes (Zwischen-) Ergebnis zu freuen, ist einfach. Die Schwierigkeiten beginnen erst danach, wenn es um Beurteilung und Selektion geht – der Arbeit guter Seedhersteller. Daher gilt es, Erfahrungen zu sammeln, denn sie waren es, die auch Mendel zu seinen Erkenntnissen brachten. Am Ende muss man es vermutlich machen, wie der Meister: nachdenken, kreuzen, beobachten, selektieren und dokumentieren – und lernen. Dann wird sich das erwünschte Ergebnis über kurz oder lang einstellen.

Autor: Ali

Dieser Artikel stammt aus der grow! Ausgabe 2-2021.Wir veröffentlichen hier aus jeder neuen Ausgabe unseres Print-Magazins vier vollständige Artikel
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